Jannik Hellenkamp
Studierender der Informatik, RWTH Aachen
Sollten wir nach der Pandemie wieder zu vollständigen Live-Kursen zurückkehren, weiterhin reine Online-Lehre anbieten, oder hybride Lehrangebote machen?
Ich finde, dass die Hochschule nach der Pandemie wieder zur Präsenzlehre zurückkehren, aber weiterhin von den Vorzügen eines hybriden Angebotes profitieren sollte. So sind Aufzeichnungen von Lehrveranstaltungen eine gute Hilfe bei Überschneidungen und zur Wiederholung des Stoffes, aber gleichzeitig können Präsenzveranstaltungen ein guter Ort für soziale Kontakte sein.
Welche Lehrformate würden Sie sich online wünschen, welche im persönlichen Umfeld?
Als Onlineveranstaltungen eignen sich meiner Ansicht nach vorrangig Vorlesungen der höheren Semester, denn gerade bei den Veranstaltungen zu Beginn des Studiums ist der Austausch unter den Studierenden enorm wichtig. Auch Laborpraktika und andere Praxiseinheiten sollten unbedingt in Präsenz stattfinden. Als Ergänzung zu der üblichen Lehrveranstaltung könnte ich mir Video vorstellen.
(Wie) Kann man Lehre gemeinsam mit Firmen organisieren? Ist das anzustreben?
Ich sehe die Zusammenarbeit eher kritisch, gerade da viele Firmen hier eine Chance für Werbemaßnahmen wittern. Diese haben in Lehrveranstaltungen nichts verloren.
Braucht man in 10 Jahren noch Dozierende oder reicht eine KI/Roboter, um die Lehre zu halten?
Moderne Technologien werden meiner Ansicht nach die Lehre in der Zukunft unterstützen, aber nie vollständig ersetzen.
Ihre Vision: Wie sollte das Nachfolgemodell einer traditionellen Vorlesung aussehen, das Forschen und „Machen“ integriert (ganz gleich, ob in Präsenz oder online)?
Ich glaube, dass die Angebote der Zukunft individueller und interaktiver stattfinden werden. Grundlagenveranstaltungen werden natürlich weiterhin Wissen weitergeben, aber gerade in den höheren Semestern könnten die Studierenden durch Praktika und co. mehr eigenständige Erfahrungen machen.
Aus Industrie und Gesellschaft kommen eine Reihe von Forderungen, was die Universitäten künftig in ihren Curricula unterbringen sollen. Wenn das Studium nicht verlängert werden soll, muss man auch fragen, was wir denn künftig nicht mehr benötigen. Haben Sie dazu Vorschläge?
Ich glaube, dass die Studiengänge momentan ein sehr breites Pflichtangebot haben, das die gesamte Breite eines Faches abbildet. Wenn hier eine Spezialisierung früher ermöglicht wird, entstehen neue Kapazitäten für Forderungen der Industrie und Gesellschaft.
Wie können Universitäten besser in der Lehre von Transdisziplinarität werden und wie können sie Studenten dabei helfen, ihre Denkweise in Transdisziplinarität zu verbessern?
Frei wählbare CP und die Möglichkeit, auch in den Nachbardisziplinen Module zu belegen, könnten den Blick über den Tellerrand hinaus unterstützen. Es wäre zum Beispiel hilfreich, wenn Seminare oder Praktika im Studium bereits einen transdisziplinaren Charakter haben.
Zitat von Professor Anant Agarwal (edX): „Es macht immer wieder Spaß, davon zu träumen, wie die Zukunft an den Universitäten aussehen könnte. Am wichtigsten ist die Frage: Was sind die idealen Einrichtungen für die Lernenden?“ Was meinen Sie dazu?
Ein gut ausgestatteter Campus mit modernen Orten zum Lernen, der auch ausreichend Kapazität für alle Studierenden hat, ist eine gute Lernumgebung.
Professorin Lynda Gratton (London Business School) stellte beim Wissenschaftsabend eine ganz zentrale Frage in den Raum: „Wie entwickeln wir Lernumgebungen, die es kreativen Menschen ermöglichen, auf andere zu stoßen, die sich noch nie begegnet sind?“
Auch hier ist ein moderner und gut ausgebauter Campus wichtig. Wenn die Studierenden viel Zeit in den Hochschulorten verbringen und diese entsprechend gestaltet sind, führt das automatisch zu spannenden Begegnungen.