Europäische Länder müssen schnell gemeinsam handeln, um gegen Omikron vorzugehen
RWTH-Wissenschaftler fordert mit einem multidisziplinären Team mehr international koordinierte Maßnahmen, um die Zahl der Infektionen zu reduzieren.
Ein multidisziplinäres Team von über 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Europa hat sich zusammengeschlossen, um eine Stellungnahme zur Bekämpfung der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 abzugeben. Die Stellungnahme wurde am 11. Januar 2022 im renommierten British Medical Journal (BMJ) veröffentlicht, seitens der RWTH Aachen ist Dr. André Calero Valdez vom Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft beteiligt.
In ihrem Aufruf zu koordiniertem Handeln warnen die Autorinnen und Autoren, dass Omikron weiterhin erheblichen Grund zur Sorge bereite, trotz Schlagzeilen, die nahelegen, dass Omikron eine mildere Form von COVID-19 verursacht. Daher rufen sie zu sofortigem Handeln auf und fordern Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der Infektionen, zum Schutz der Kinder und zur Fortsetzung der Impfbemühungen.
Überlastung der Gesundheitssysteme
Aufgrund der Immunevasion durch Omikron ist in mehreren Ländern derzeit ein starker Anstieg der Inzidenz zu verzeichnen, der die bereits überlasteten Gesundheitssysteme in Europa bedroht. Behauptungen wie „jeder und jede wird sich irgendwann mit Omikron anstecken“ suggerierten, dass es keine Rolle mehr spielt, ob Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Wenn sich Menschen jedoch nicht mehr um den Schutz vor COVID-19 kümmern, könnte das zu einer noch schnelleren Ausbreitung führen. Bewährte evidenzbasierte Maßnahmen seien immer noch wirksam, um Infektionen zu reduzieren. Das internationale Team um RWTH-Wissenschaftler André Calero Valdez konzentriert sich auf drei Gründe, warum sofortiges Handeln wichtig ist.
Erstens wird durch die Verringerung der Infektionszahlen die Belastung der Krankenhäuser sinken. Dies ist von entscheidender Bedeutung für den Schutz unseres ohnehin belasteten Gesundheitspersonals und der Gesundheitssysteme. Eine Verringerung der Fallzahlen wird auch zum Schutz kritischer Infrastrukturen beitragen, die durch Personalmangel aufgrund von Krankheit, Quarantäne und Selbstisolierung gefährdet sind. Die Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind, sind gut etabliert und wissenschaftlich abgesichert.
Schutz der Kinder
Zweitens ist es wichtig, Kinder zu schützen, da diese zum großen Teil noch nicht geimpft sind. Krankenhauskapazitäten für Kinder sind begrenzt und die Krankenhausbelegung der Kinder wird nicht so transparent erfasst und gemeldet wie die der Erwachsenen. „Die Krankenhauskapazitäten für Kinder könnten an ihre Grenzen stoßen, wenn die Inzidenz zu schnell ansteigt. Daher ist es wichtig, Infektionen zu reduzieren und die pädiatrischen Krankenhauskapazitäten besser zu überwachen“, bemerkt Autor Emil Iftekhar vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. Die Bildung und das Wohlergehen der Kinder sind essenziell. Um beides sicherzustellen, sollte der Schulunterricht in einer möglichst sicheren Umgebung fortgesetzt werden. Dafür ist eine umfassende Teststrategie wichtig, aber zum Beispiel auch die Einhaltung hoher Standards fürs Lüften und das Tragen von Masken. Schulschließungen können als notwendig erachtet werden, sollten aber als letztes Mittel angesehen und durch alternative Unterrichtsformen wie den Distanzunterricht kompensiert werden. In diesem Zusammenhang verweist das Autorenteam auf das Potenzial des europäischen Austauschs und der Zusammenarbeit im Hinblick auf bewährte Maßnahmen, die von der Europäischen Kommission oder dem europäischen Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefördert werden könnten.
Drittens ist eine geringere Inzidenz notwendig, um Zeit für mehr Impfungen zu gewinnen. Impfungen, insbesondere die dritte Dosis, tragen dazu bei, die Zahl der schweren Fälle erheblich zu verringern. „Dieser Schutz ist auch gegen die Omikron-Variante noch vorhanden“, unterstreicht Professor Paul Wilmes von der Universität Luxemburg und Autor der Erklärung „Eine frische Impfung schützt sogar teilweise vor einer Infektion“.
Schließlich ist auch die Zusammenarbeit für die weltweiten Impfbemühungen von entscheidender Bedeutung. „Die derzeitige Situation macht deutlich, wie wichtig die Unterstützung von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ist, zum Beispiel durch Initiativen wie 'Access to COVID-19 Tools (ACT)' und 'COVID-19 Vaccine Access Facility (COVAX)'. Dies wird nicht nur dazu beitragen, neue Varianten zu verhindern, sondern sollte im Geiste der Solidarität eine Selbstverständlichkeit sein“, sagt Dr. André Calero Valdez.
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