UN-Generalsekretär an der RWTH

31.05.2019
António Guterres © Andreas Schmitter

Der Karlspreisträger 2019 und Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Manuel de Oliveira Guterres, kam bei seinem Vortrag im C.A.R.L.-Hörsaalzentrum mit Studierenden der RWTH ins Gespräch.

 

Im Rahmen der Karlspreisverleihung sprach Guterres, der 1971 sein Ingenieursdiplom von der Technischen Universität Lissabon erhalten hatte, über die Herausforderungen heutiger Generationen: Über Konflikte, die um einiges vernetzter abliefen als zum Beispiel noch zu Zeiten des Kalten Kriegs. Darüber, wie trotz Zunahme von BIP und Wohlstand die Gleichheit abnimmt und Institutionen sich nicht darum kümmerten. Darüber, dass die Menschenrechte auf breiter Front verletzt werden und die Schwierigkeit, Menschen zu schützen, steigt. Er sprach von illiberalen Demokratien und der fehlenden Präsenz der EU in internationalen Gemeinschaften.

Ausführlich sprach Guterres vom Klimawandel als der Herausforderung dieser Zeit. Zunächst zählte er die Fakten auf: Abnahme der Biodiversität, Polkappenschmelzen, Meeresspiegelanstieg. Abnahme der öffentlichen Gesundheit, Zunahme der tropischen Krankheiten. Temperaturanstieg durch Treibhausgase. Es handele sich um eine ausgeprägte Krise, die nur durch eine Trendumkehr bewältigt werden könne. Um die CO2-Emissionen zu senken und die Erwärmung auf ein Plus von 1,5 Grad Celsius zu beschränken, werde ein starker politischer Wille benötigt. Fossile Brennstoffe müssten ersetzt werden, Kohlekraftwerke dürften ab 2020 nicht mehr ans Netz gehen. Für die Wette der Vergangenheit hatte er nur ein Wort übrig: suizidal.

Cyberspace, KI und menschliche Verantwortbarkeit

Eine Zunahme der Sicherheiten wünschte er sich auch beim Thema Cyberspace und Künstliche Intelligenz. Als Herausforderung Europas und der Vereinten Nationen sah Guterres, Regeln für den Cyberspace zu implementieren. Den Vorteilen, wie zum Beispiel Potenziale in Ausbildung und Produktion, stellte er einen Arbeitsplatzabbau und den Wegfall der menschlichen Verantwortbarkeit gegenüber. Die enormen Waffen, die heute schon existierten und in Zukunft noch entwickelt würden, müssten im Hinblick auf Kriegsakte gebannt und kontrolliert werden.

Seine Rede beendete Guterres mit den Worten, seine Generation wäre beim Klimawandel und beim Einsatz des Cyberspaces für Positives gescheitert. Doch bei heutigen Generationen sah er faszinierende Chancen.

In der anschließenden Diskussion insbesondere mit Studierenden des Projektes Leonardo ging er auf Privilegien ein, die mit der Verantwortung einhergingen, den weniger Privilegierten helfen zu müssen. Dem sei die Migrationspolitik innerhalb der EU der letzten Jahre abträglich. Anstatt Migration von vorneherein zu vermeiden oder die anfallenden Migranten in Höhe von 0,2 Prozent der Bevölkerung Europas proportional zu verteilen, seien Populisten gestärkt worden. Genauso gut hätten Migrationsorganisationen gestärkt werden können. Die Probleme seien outgesourct und ignoriert anstatt gemanagt worden.

Die Pflicht jedes Einzelnen

Insgesamt sah er in den zivilisierten Gesellschaften Werte infrage gestellt. Ob Fremdenfeindlichkeit und Rassismus oder Regierungen, die sich nicht um Zurückgelassene kümmerten – Folgen seien ein Anstieg von Furcht und Populismus. Dementsprechend sei es eine Pflicht jedes Einzelnen, sich zu kümmern und zu dienen. Ein Paradox, das er in aktuellen Problemen sah: Dass es mehr, größere und globalere Herausforderungen als je zuvor gäbe, gleichzeitig der Fokus zunehmend auf jedermanns eigenem Gebiet läge. Das Risiko dabei sei eine Vereinzelung über G20, G7 und G2 zu G0.

Auf die Frage, ob er es für möglich erachte, dass der Karlspreis im nächsten Jahr Greta Thunberg verliehen wird, antwortete er mit einem Augenzwinkern: „I have no problem.“

Redaktion: Presse und Kommunikation