Internationaler Forscherverbund entwickelt neue Methoden zur Therapie bei seltenen Erkrankungen
In der EU werden Krankheiten, die durchschnittlich bei nicht mehr als 5 von 10000 Menschen auftreten, als selten bezeichnet. Weltweit sind mehr als 7000 solcher seltenen Erkrankungen registriert. Die sich daraus ergebenden Patientenkollektive, die von einer spezifischen seltenen Erkrankung betroffen sind, können sehr klein sein. So gibt es laut Orphanet (2012) eine nicht unerhebliche Zahl von Erkrankungen, die nur bei 1-2 Patienten (etwa Adipositas durch Prohormon-Konvertase I-Mangel) auftreten. Schätzungen zufolge leiden derzeit in der EU 6 bis 8 Prozent der Bevölkerung – d. h. zwischen 27 und 36 Millionen Menschen – an 5000 bis 8000 verschiedenen seltenen Krankheiten. Informationen der Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie zufolge, betreffen 75% der seltenen Erkrankungen Kinder, von denen 30% vor dem Erreichen des fünften Lebensjahres versterben.
Die Notwendigkeit der Evaluierung von neuen Therapieansätzen durch statistische Methoden sind aufgrund der mit den kleinen Patientenkollektiven verbunden Rahmenbedingungen klare Grenzen gesetzt. Dies bedeutet, dass etablierte statistische Konzepte zum Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit von Therapien nur unzureichend gut bis gar nicht in diesen Fällen zu Anwendung kommen können. Somit besteht eine dringende Notwendigkeit nicht nur für die Entwicklung neuer Therapieansätze, sondern auch neuer statistischer Methoden zur Evaluierung der Therapieansätze. Dabei gilt es alle möglichen Informationsquellen zu nutzen und zusammenzuführen um den Nachweisprozess zu optimieren. An diesem Punkt setzt das IDEAL („Integrated DEsign and AnaLysis of small population group trials“) Projekt an. Der neue Ansatz basiert auf der Idee, neue Methoden zur Planung und Analyse von Klinischen Studien zu erforschen und gleichzeitig dabei verschiedenste Aspekte stärker miteinander zu verknüpfen, so dass die Effizienz Klinischer Studien zur Evaluierung von Therapien seltener Erkrankungen deutlich gesteigert werden kann.
Ein internationales Forscherteam unter der Koordination von Professor Ralf-Dieter Hilgers von der RWTH Aachen, entwickelt gemeinsam neue Designs und differenzierte Analysemethode zur Bewertung von Therapieansätzen bei seltenen Erkrankungen, unterstützt durch das EU Projektmanagement Office der RWTH Aachen. Die Forschungsarbeit wird im Rahmen des 7. Rahmenprogramms der Europäischen Union (FP7-HEALTH-2013-INNOVATION-1, No 602552) mit 3 Mio € gefördert.
Das Konsortium besteht neben Professor Ralf-Dieter Hilgers, RWTH Aachen aus Professor Holger Dette, Ruhr Universität Bochum, Dr. Franz König, Medizinische Universität Wien, Professor France Mentré, Institut national de la Sante et de la Recherche Medicale Paris, Professor Stephen Senn, Centre de Recherche Public de la Sante Luxemburg, Professor Mats Karlsson, Universität Uppsala, Uppsala, Professor Malgorzata Bogdan Polytechnika Wroclawska, Warschau, Dr. Carl-Fredirk Burman, Chalmers Tekniska Hoekskola AB, Goeteburg, Professor Geert Molenberghs, Universität Hasselt, Hasselt und Professor Christoph Male, Medizinische Universität Wien. Die Forschungstätigkeit gliedert sich in insgesamt 11 Workpackages.
Die thematischen Schwerpunkte der Workpackages fokussieren sich auf die Beurteilung von Randomisierungsverfahren, die Extrapolation von Dosis-Wirkungs-Informationen, die Untersuchung von adaptiven Studiendesigns, die Entwicklung optimaler Versuchspläne in gemischten Modellen, sowie pharmakokinetischer und individualisierter Versuchspläne, die Simulation von klinischen Studien, die Einbindung und Identifizierung von genetischen Faktoren, die entscheidungstheoretische Betrachtungen, sowie die Evaluierung von Biomarkern.
Das IDEAL Projekt wird begleitet von einem Advisory Board internationaler Experten mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund, die sowohl Patienteninteressen, die Sichtweise der Industrie sowie klinische und regulatorische Gesichtspunkte vertreten.
Prof. Dr. Hilgers: „Die Möglichkeit mathematisch-statistische Methoden für die Entwicklung von Behandlung einzusetzen, für die bisher kaum valide Methoden der Therapieevaluierung zur Verfügung standen, stellt für uns alle eine besondere Herausforderung und Motivation zugleich dar. Wir alle freuen uns auf die spannende Zusammenarbeit.“