Rainwater Living Lab – Soziotechnische Innovationen durch Reallabore

  Überflutung am Aachener Westbahnhof Urheberrecht: © Julian Hofmann, IWW

Starke Regenfälle und Überschwemmungen in Städten sind Themen, die heute weltweit an Bedeutung gewinnen. In den letzten Jahren haben Starkregenereignisse in zahlreichen Kommunen in Deutschland erhebliche Sach- und Personenschäden verursacht. Allein die Stadt Aachen war im Jahr 2018 innerhalb eines Monats zweimal betroffen: am 29. April und am 29. Mai 2018.

Somit muss auch in Deutschland mit einer neuen Gefährdungslage durch extreme Wetterereignisse gerechnet werden. Starkregenereignisse können vor allem in dicht besiedelten Stadtgebieten große Schäden verursachen. Anders als Flusshochwasser können Überflutungen durch Starkniederschlagsereignisse überall auftreten und erfordern neue Schutz- und Risikoansätze mit dem Ziel einer resilienten Stadtentwicklung.

Für die Erforschung komplexer Klimasysteme, in denen die bloße Veränderung eines Parameters, wie zum Beispiel der Durchschnittstemperatur, schwerwiegende Folgen hat, ist es notwendig, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft zusammenkommt und nach disziplinenübergreifenden Lösungen sucht. Die Relevanz interdisziplinärer Forschung und disziplinenübergreifender Lösungsansätze steigt mit den sich spürbar verschärfenden Folgen des Klimawandels. Eine erfolgreiche Anpassung an klimabedingte Extremereignisse durch individuelle Vorsorge und eine kollektive Kultur des Umgangs mit Naturgefahren kann die Folgen minimieren.

Das ERS-geförderte Projekt „Rainwater Living Lab“ nimmt sich dieses Themas an und untersucht die Risiken durch Starkniederschlagsereignisse und die Entwicklung ganzheitlicher Maßnahmen zur Verminderung des Überflutungsrisikos. Mittels Drohnenflug wurden Daten des Gebiets um den Westbahnhof gesammelt, welches aufgrund seiner topografischen Lage anfällig für Überflutungen ist, und daraus anschließend ein numerisches Modell entwickelt.

Mit dem Reallabor forschen die Projektpartner Dr. Jacqueline Lemm (Lehrstuhl für Soziologie mit dem Schwerpunkt Technik- und Organisationssoziologie), Professor Holger Schüttrumpf (Lehrstuhl und Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft), Professor Tobias Kuhnimhof (Lehrstuhl und Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr), Professor Michael Leuchner (Lehr- und Forschungsgebiet Physische Geographie und Klimatologie), Professor Thomas Wintgens (Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft und Wassergütewirtschaft und Institut für Siedlungswasserwirtschaft) und Ihre Teams an den Fragen der Entwässerung, der Planung von Gebäuden sowie der Entwicklung von Kommunikationsstrategien:

  • Wie muss ein Kanalsystem ausgelegt sein, um das Niederschlagswasser ableiten zu können?
  • Können gegebenenfalls auch unterirdische Bunkersysteme genutzt werden, um die großen Wassermengen aufzufangen?
  • Welche Maßnahmen können entwickelt werden, um Wasser, das sich auf versiegelten Flächen sammelt, kontrolliert abzuführen?
  • Welche Eigenschaften müssen Gebäude aufweisen, um Überflutungen standhalten zu können?
  • Welche digitalen und analogen Kommunikationswege eigenen sich, um vor Überflutungen zu warnen und das Bewusstsein gegenüber der Gefahr pluvialer Fluten zu stärken?

Hier werden gemeinsam durch multi- und transdisziplinäre Analyse-, Planungs- sowie Kommunikationsprozesse Werkzeuge zur nachhaltigen Überflutungs- und Schadensprävention bei Extremereignissen erarbeitet.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, in einer Proof-of-Concept-Studie herauszufinden, inwieweit interdisziplinäre Ansätze zur Frühwarnung und Risikominderung entwickelt werden können. Darüber hinaus sollen die Forschungsergebnisse in digitalen Medien interaktiv zur Verfügung gestellt und kommuniziert werden. Und schließlich soll das Modell als Werkzeug auch für andere nationale und internationale Stadtgebiete nutzbar gemacht werden.