Dr. Carola Holzner „Doc Caro“

 

Ärztin (Notfallmedizinierin) aus Überzeugung. Als Vloggerin Doc Caro verfolgt sie das Ziel, über medizinische Themen – seit der COVID-19-Pandemie auch über COVID 19 – aufzuklären.

Dr. Carola Holzner „Doc Caro“ Urheberrecht: © Drolshagen

Wenn auf Aufklärung Hassmails folgen

Wohl kaum ein Bereich ist durch die Corona-Pandemie so in den Fokus gerückt wie die Wissenschaft.

Forschende, Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Medizinerinnen und Mediziner sind gern gesehene Gäste in Talkshows; Forscherende werden sogar für die Impfstoffentwicklung mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Wir Ärztinnen und Ärzte und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden nicht nur gehört, Virologinnen und Virologen werden zu Popstars. Eine schon längst überfällige Aufmerksamkeit für die Wissenschaft? Könnte man meinen. Es herrscht Uneinigkeit: Intensivmedizinerinnen und -mediziner warnen Politikerinnen und Politiker vor zu frühen Öffnungen und Rücknahme des Lockdowns, die wollen diese Durchsetzen - es ist schließlich Wahljahr, und man habe auch Verantwortung für die Wirtschaft. Die einen Virologinnen und Virologen sprechen von Dauerwelle und einer Strategie, um mit dem Virus zu leben; die anderen vom harten Lockdown mit dem Ziel „Zero-COVID“. Die Wissenschaft streitet sich über das beste Konzept. Genauso wie die Bevölkerung. Was soll man glauben oder besser wissen? Passt etwas nicht ins Konzept, sucht man Schuldige. Versäumnisse in Schutzmaterialbeschaffung, dann bei der Impfstoffbestellung. Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab.

Die Bevölkerung ist verunsichert, und das Internet tut sein Übriges. Die zunehmende Verunsicherung macht es leicht, Falschinformationen zu verbreiten, denn die Bevölkerung wünscht Aufklärung, kann aber leider oft wahr vs. falsch, Wissenschaft vs. Glauben, Interessen vs. Fakten nicht unterscheiden. Man hält sich eben an die These, die einem am besten in den Kram passt.

Es gibt Ärztinnen und Ärzte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Gesundheitsberufe, die weiter vorbehaltlos aufklären. Sich mit viel Gegenwind auseinandersetzen müssen: so wie ich. Das Interesse an Aufklärung ist riesig. Aber je größer das Interesse ist, desto größer ist auch der Gegenwind. Zunächst werde ich angefeindet. Morddrohungen gibt es nach der Veröffentlichung einer COVID-19-Lunge. Beleidigungen und Beschimpfungen sind an der Tagesordnung. Das Postfach ist voll mit Droh- und Hassmails, die mittlerweile der Staatsanwaltschaft vorliegen. Es ist schwer geoworden, standhaft zu bleiben.

Aber: Nicht minder ist der Dank. Menschen, die Hoffnung schöpfen durch fundierte Aufklärung, die dankbar sind, dass Instagram und Facebook mehr bieten als Lippenstiftwerbung. Ich habe mich bei all den Vorwürfen, ich sei käuflich, es sei alles dramatisiert und impfen würde mehr Menschen töten als ein Fake-Virus, stellenweise gefragt, warum ich mir diese Form der Öffentlichkeitsarbeit antue. Die Anonymität des Internets lässt es zu, dass alle und jeder meint, auf die abscheulichsten Arten und Weisen Beschimpfungen tätigen zu können. Und es gab sicherlich Momente, an denen ich mir gewünscht habe, in ein Labor verschwinden zu können oder „nur noch“ im Schockraum den kardiogenen Schock zu behandeln.

Ich habe mich dann aber bewusst entschieden, mich nicht zu verstecken. Ich empfinde meine Arbeit als wichtig. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Allgemeinheit verständlich aufzubereiten. Auch schon vor und sicherlich auch nach Corona. Denn einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bei der Nachbarin zu erkennen und ihr vielleicht mit einem Anruf das Leben retten zu können, kann jeder schaffen. Deshalb mache ich Medizin für die breite Masse von Nicht-Medizinerinnen und -Medizinern verständlich. Es braucht Forschung und Wissenschaft und wir haben besonders in der Pandemie zeigen können, dass es ohne nicht geht.
Und dazu braucht es eben auch Menschen, die eine Schnittstelle darstellen, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse jedem zugänglich zu machen. Das ist mindestens genauso wichtig wie die Wissenschaft selbst. Denn wer versteht, worum es geht, ist auch bereit mitzumachen. Information und Instagram schließen sich also keinesfalls aus.