Wie gefährlich ist Bitcoin für das Klima wirklich?
Wissenschaftler der RWTH Aachen und des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) veröffentlichen Forschungsergebnisse zum Energieverbrauch durch Bitcoin.
Im Oktober letzten Jahres sorgte eine Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature Climate Change international für Aufsehen. Ein siebenköpfiges amerikanisches Team um Camilo Mora von der University of Hawaiʻi at Mānoa warnte dort eindringlich vor einem bevorstehenden Scheitern des Zwei-Grad-Ziels der internationalen Klimapolitik innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte. Als alleiniger Verursacher hierfür wurde von der Mora-Gruppe das Bitcoin-Netzwerk identifiziert. Untermauert wurde diese Prognose mit einer Analyse des Bitcoin-Stromverbrauchs und der damit verbundenen Treibhausgasemissionen.
Die Ergebnisse des amerikanischen Forscherteams sind allerdings umstritten. In einer nun ebenfalls in Nature Climate Change veröffentlichten Replik kritisieren die deutschen Energieforscher Aaron Praktiknjo, Juniorprofessor für Energieressourcen- und Innovationsökonomik der RWTH Aachen, und Lars Dittmar vom Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) die Analysen ihrer Kollegen. Zwar bestätigen die beiden Wissenschaftler, dass das Bitcoin-Netzwerk grundsätzlich energieintensiv ist, die Ergebnisse des amerikanischen Forscherteams seien aber um mehrere Größenordnungen überschätzt. Insbesondere die Annahmen zur Bitcoin-Technologie und zum Energiesystem wären schlichtweg nicht haltbar.
So geht das Team um Mora davon aus, dass zukünftig der gesamte weltweite elektronische Zahlungsverkehr über Bitcoin abgewickelt wird. Dittmar und Praktiknjo argumentieren, dass das Bitcoin-Protokoll eine technische Obergrenze für die jährliche Anzahl an Transaktionen vorsehe, die für den weltweiten elektronischen Zahlungsverkehr um einen Faktor von 500 zu niedrig sei. Ebenso problematisch sehen sie die Annahme, dass der Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerks proportional mit der Anzahl an Transkationen wachse. Das Forscherduo erläutert, dass hinter dem Stromverbrauch von Bitcoin vielmehr ein äußerst komplexes System stehe, das im Wesentlichen vom Bitcoin-Kurs und den Stromkosten abhängig sei, nicht aber von der Anzahl an Transaktionen.
Einen weiteren wesentlichen Kritikpunkt orteten Dittmar und Praktiknjo in den Szenarien zu Energieverbräuchen durch Bitcoin. Demnach führt die Bitcoin-Technologie bereits in den kommenden fünf Jahren zu einer Verdreifachung des weltweiten Stromverbrauchs. Ein solch schnelles Wachstum ist nach Auffassung Dittmars und Praktiknjos bereits aufgrund technischer Restriktionen unrealistisch: „Die Planung und der Bau von Energieinfrastruktur erfordern erhebliche Vorlaufzeiten, eine Verdreifachung der Energieinfrastruktur innerhalb von nur fünf Jahren ist organisatorisch ausgeschlossen.“ Selbst bei der theoretischen Annahme, dass ein solch immenses Wachstum technisch möglich sei, sprächen ökonomische Gründe dagegen. „Eine Verdreifachung des weltweiten Stromverbrauchs innerhalb von nur fünf Jahren würde aufgrund von Ressourcenknappheiten zu einer Preisexplosion von Strom führen. Eine solche Preisexplosion hätte wiederum einen dämpfenden Effekt auf die Stromnachfrage – auch für das Schürfen von Bitcoins.“
Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Climate Change unter dem Titel „Could Bitcoin emissions push global warming above 2°C?“ veröffentlicht.
Redaktion: Presse und Kommunikation