Wärmepumpen und kalte Wärmenetze für die klimafreundliche Energieversorgung
Der Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik erforscht Schlüsseltechnologien für die Wärmewende.
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Die Beheizung von Gebäuden und Bereitstellung von Trinkwarmwasser tragen deutlich zu den CO2-Emissionen und dem Energiebedarf in Deutschland bei. Zum Erreichen der Klimaschutzziele müssen daher in den kommenden Jahren viele technische Maßnahmen umgesetzt werden. Zwei wesentliche Bausteine sind dabei der Austausch von Gas- und Ölkesseln gegen Wärmepumpen sowie die Einspeisung von erneuerbarer Energie aus Wind- und Fotovoltaikanlagen in das Stromnetz. Eine systematische Elektrifizierung der Wärmeversorgung mit Wärmepumpen ist von doppeltem Nutzen: Umweltwärme wird mit Wärmepumpen ressourcenschonend auf ein nutzbares Temperaturniveau angehoben und erneuerbare Energien im Stromnetz können direkt für die Wärmeerzeugung verwendet werden. In Innenstädten bietet sich der Einsatz von Wärmenetzen an. Diese nehmen die Abwärme aus Industrie oder Rechenzentren auf, binden Geo- und Solarthermie ein und sparen damit erhebliche Ressourcen. Wärmepumpen als sogenannte Groß-Wärmepumpen insbesondere in Kombination mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen übernehmen dabei eine Schüsselrolle.
Für nachhaltige Energiesysteme müssen Wärme- und Stromversorgung gemeinsam geplant werden. Auf den Gebäudedächern kann Strom produziert und im Gebäude direkt genutzt oder zwischengespeichert werden. Elektrofahrzeuge sind mit ihrer Batteriekapazität zukünftig Teil des häuslichen Energiesystems und durch einen netzdienlichen Betrieb lassen sich Belastungsspitzen im übergeordneten elektrischen Netz vermeiden. Gleichzeitig sind Anforderungen aus der Industrie, dem Gewerbe-, Handels- und Dienstleistungssektor sowie den privaten Haushalten gemeinsam zu betrachten, um Engpässe frühzeitig zu erkennen. Das komplexe Zusammenspiel sowohl für den Systementwurf als auch für den -betrieb nur mit mathematischen Verfahren abgebildet werden. Die Optimierung von Energiesystemen in Bestandsgebäuden und Quartieren mit Wärmepumpen und Wärmenetzen ist ein Fokus laufender Forschungsaktivitäten des Lehrstuhls für Gebäude- und Raumklimatechnik.
Wärmepumpen optimieren
In vielen Gebäuden können Wärmepumpen vorhandene Kessel ersetzen. Dabei sind ergänzende Maßnahmen an der Gebäudehülle hilfreich, da niedrigere Temperaturen im Heizkreis die Effizienz einer Wärmepumpe erhöhen. Gleichzeitig ist der Einsatz moderner Wärmepumpen zur Kühlung eines Gebäudes möglich. Beide Funktionen erfordern eine maßgeschneiderte Dimensionierung der Wärmepumpe, so dass die Kosten für Wärme und Kälte möglichst gering ausfallen und der Betrieb maximal nachhaltig ist. Die Auslegung von Wärmepumpen und angeschlossenen Speichersystemen ist durch die dynamischen Betriebsbedingungen eine anspruchsvolle Aufgabe. Es gilt den besten Kompromiss aus Anschaffungs- und Betriebskosten zu finden. Wird die Wärmepumpe zu klein ausgelegt, kann im Betrieb ein zweiter (weniger effizienter) Wärmeerzeuger notwendig sein. Wird die Wärmepumpe zu groß ausgelegt kann dies zu ineffizientem Betrieb führen. In beiden Fällen erhöhen sich die Betriebskosten. Im „Urban Energy Lab 4.0 – Kältemittellabor“ werden Prüfstände für Wärmepumpen und Einzelkomponenten betrieben. Zusätzlich wird nach den besten Kältemitteln und Verschaltungen von Kältemittelkreisläufen und Wärmepumpensystemen geforscht.
Wärmepumpen dürfen weder in noch außerhalb von Gebäuden stören. Jede Kompressionswärmepumpe verfügt über einen Verdichter mit sich drehenden Teilen und jede Außenluftwärmepumpe nutzt zusätzlich einen Ventilator, um Umweltwärme effizient aufzunehmen. Diese Komponenten müssen leise arbeiten, damit die Technik eine hohe Akzeptanz erfährt. In Wohngebieten gibt es insbesondere für die Nacht hohe Anforderungen an Effizienz und maximalen Schallemissionen. Überwacht werden muss auch das akustische Umfelds, damit die Wärmepumpe ihre Betriebslautstärke der Umgebung anpasst.
Zur Erreichung maximaler Effizienz und minimaler Emissionen sollte eine Wärmepumpe viel Wärme erzeugen, wenn die Temperatur der Wärmequelle möglichst hoch und die Temperatur des Heizkreises möglichst gering ist. In der Mittagszeit kann neben einer höheren Außentemperatur gleichzeitig der Strom aus der eigenen Fotovoltaikanlage genutzt werden. Durch einen vorausschauenden Betrieb und intelligente Speicherbeladungen werden die Wärmekosten gesenkt und erneuerbare Energie genutzt. Zusammen mit der Anpassung an den Bedarf entstehen Anwendungen, die auf Basis selbstlernender Algorithmen aus dem Baukasten der maschinellen Lernverfahren in die Praxis überführt werden. Zusätzliche Potenziale können durch vorausschauenden Betrieb erschlossen werden. Wärmepumpen erkennen zukünftig, ob in den nächsten Tagen oder Wochen ein technisches Problem zu erwarten ist.
Kalte Wärmenetze für Quartiere
Eine Option für die nachhaltige Wärmeversorgung sind kalte Wärmenetze. Diese stellen Versorgungsinfrastrukturen, welche durch Wärmepumpen ausschließlich strombasiert oder in Kombination mit einer Kraft-Wärme-Kopplung operieren können. Die Basis für kalte Wärmenetze bilden Wasser-Wasser-Wärmepumpen in den angeschlossenen Gebäuden, die die notwendige Temperatur für Heizungssysteme und Trinkwarmwasser erzeugen. Angeschlossen an ein solches Wärmenetz kann somit eine Vielzahl von Gebäuden und Energiequellen verbunden und ein optimaler energetischer Ausgleich innerhalb des Quartiers erreicht werden.
Ein weiterer Vorteil ist die Verwendung der gleichen Netzinfrastruktur zum Heizen und zum Kühlen. Zu diesem Zweck werden in der Regel Rohrleitungen auf mindestens einem warmen und einem kalten Temperaturniveau betrieben. Heizt eine Wärmepumpe, wird der wärmere Leiter als Wärmequelle verwendet und das abgekühlte Wasser dem Kaltleiter zugeführt. Durch die entstehende Kühlleistung wird der kältere Leiter abgekühlt. Diese Energie lässt sich in anderen Gebäuden wiederum zum Kühlen verwenden.
Durch die Flexibilität in den Temperaturniveaus und die allgemein niedrigeren Temperaturen lassen sich eine Vielzahl von regenerativen Wärme- und Abwärmequellen als Versorgungsoptionen in kalte Wärmenetze einbinden. Kalte Wärmenetze werden auf Temperaturniveaus dicht an der Umgebungstemperatur betrieben. Hierdurch können Geothermie, Solarthermie und Außenluftwärmepumpen effizient genutzt und die Wärme- und Kälteversorgung nahezu vollständig defossilisiert werden. Auch Abwärme aus Abwasser, Flusswasser oder Rechenzentren ist nutzbar.
Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Planung und Betrieb der Versorgungsinfrastruktur. Durch das Potenzial des energetischen Ausgleichs reicht es nicht, das gesamte System auf einen statischen Wärmebedarf auszulegen. Vielmehr ist eine Auswertung der zeitlichen Verläufe möglicher Wärme- und Kältebedarfe erforderlich. Hierfür werden am Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik Methoden entwickelt, die die Auslegung und den Betrieb von kalten Wärmenetzen unterstützen. Das Reallabor der Energiewende „TransUrban.NRW“ will diese Technologie in vier Quartieren in Nordrhein-Westfalen in die Praxis bringen. Ein interdisziplinäres Konsortium aus Energiesystemanbietern, Start-ups und Wissenschaft deckt dabei sämtliche Schritte von der Planung bis zum Betrieb ab.