Atombewegung entlang von Korngrenzen
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Forschende der RWTH veröffentlichen Studie zur Bewegung von Atomen entlang von Korngrenzen in Festkörpern
Die meisten festen Materialien bestehen aus kleinen Kristalliten, die als Körner bezeichnet werden. Die Bereiche zwischen den Körnern, die Korngrenzen, bestimmen dabei oft das Gesamtverhalten eines Materials. Ein Beispiel ist die Bewegung von Atomen in einem Festkörper: Atome springen über Energiebarrieren von einem auf den anderen Platz und die Korngrenzen fungieren dabei als Pfade, entlang derer sich die Atome schneller bewegen als innerhalb der Körner. Bisher wird dieses Phänomen damit erklärt, dass die Energiebarrieren in Korngrenzen niedriger sind als im Korn. Die Atombewegung entlang dieser ist somit schneller, weil sie leichter ist.
Jana Parras, Doktorandin am Institut für Physikalische Chemie der RWTH, und ihr Betreuer, Professor Roger De Souza, zeigten in einer nun veröffentlichten Studie, dass diese Erklärung nicht für alle Materialien gleichermaßen gilt. Durch eine Reihe detaillierter Simulationen konnten sie nachweisen, dass bei schneller Korngrenzdiffusion in Oxiden eine effektive Energiebarriere auftreten kann, die genauso groß sein kann wie die Barriere innerhalb der Körner. Dies resultiert daraus, dass Oxide aus geladenen Teilchen bestehen. Die Körner sind ladungsneutral, aber in der Nähe von Korngrenzen wird diese Ladungsneutralität häufig gestört. Solche Raumladungszonen bewirken, dass Atombewegungen schneller, aber nicht unbedingt leichter sind.
Diese Studie führt nicht nur zu einem tieferen Verständnis fundamentaler Prozesse, sondern hat auch Auswirkungen auf die Anwendung von Oxid-Materialen in der Energietechnik, beispielsweise als Elektrolyte in Hochtemperatur-Brennstoffzellen und weiteren festen elektrochemischen Bauelementen. Die Atombewegung ist der Schlüsselprozess bei der Herstellung und Vorbehandlung von Oxid-Materialien spezifischer Anwendungen und spielt wegen der Vielzahl von Degradationsprozessen ebenfalls eine zentrale Rolle für die Lebensdauer eines Bauteils.
Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Fieldsmatter“ (SPP1959) gefördert. Der vollständige Artikel „Grain-boundary diffusion of cations in fluorite-type oxides is faster but not always easier“ kann unter https://doi.org/10.1016/j.actamat.2020.05.022 aufgerufen werden.