Quantencomputer lernt fehlerfrei Rechnen

25.05.2022

Forscher um RWTH-Physiker Professor Markus Müller und von der Universität Innsbruck haben gemeinsam kompletten Bausatz für fehlertolerantes Quantenrechnen im Labor demonstriert.

 

Damit Quantencomputer für die Praxis taugen, müssen Fehler erkannt und korrigiert werden. Ein Team der RWTH Aachen hat in Zusammenarbeit mit Experimentalphysikern der Universität Innsbruck erstmals ein universelles Set von Rechenoperationen auf fehlertoleranten Quantenbits umgesetzt und damit gezeigt, wie ein Algorithmus auf einem Quantencomputer programmiert werden kann, damit Fehler das Ergebnis nicht verfälschen.

Die hohe Präzision moderner Computer hat das Auftreten von Fehlern während der Datenverarbeitung und -speicherung zu einer Seltenheit werden lassen. Für kritische Anwendungen, bei welchen schon einzelne Fehler schwerwiegende Folgen haben können, werden jedoch immer noch Fehlerkorrekturmechanismen, die auf Redundanz der verarbeiteten Daten basieren, eingesetzt. Quantencomputer sind deutlich anfälliger für Störungen und werden damit wohl immer auf Fehlerkorrekturmechanismen angewiesen sein, weil Fehler sich sonst unkontrolliert im System ausbreiten und Information verloren geht. Weil die Quantenphysik es verbietet, Quanteninformation zu kopieren, muss ein logisches Quantenbit auf einen verschränkten Zustand mehrerer physikalischer Systeme, zum Beispiel einzelner Atome, verteilt werden, um die notwendige Redundanz zu erreichen.

Publikation in Nature

Dem Team um Professor Markus Müller von der RWTH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich und Professor Thomas Monz vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck in Österreich ist es nun erstmals gelungen, ein universelles Set von Rechenoperationen auf zwei logischen Quantenbits zu realisieren. Dazu haben sie nun in Nature publiziert.

Die Wissenschaftler haben den universellen Gattersatz auf einem Ionenfallen-Quantencomputer mit 16 gefangenen Atomen umgesetzt. Die Quanteninformation wurde dabei in zwei logischen Quantenbits gespeichert, die auf jeweils sieben Atome verteilt waren. Nun ist es erstmals gelungen, auf diesen fehlertoleranten Quantenbits zwei Rechengatter zu realisieren, die für einen universellen Gattersatz notwendig sind, und aus denen komplexere Quantenalgorithmen zusammengesetzt werden können: eine Rechenoperation auf zwei Quantenbits (ein CNOT-Gatter) und ein logisches T-Gatter, welches auf fehlertoleranten Quantenbits besonders schwierig zu implementieren ist.

„T-Gatter sind sehr fundamentale Operationen“, erläutert der Theoretiker Markus Müller. „Sie sind besonders interessant, weil Quantenalgorithmen ohne T-Gatter auf klassischen Computern relativ einfach simuliert werden können. Bei Algorithmen mit T-Gatter ist das nicht mehr möglich.“ Demonstriert haben die Physiker das T-Gatter, indem sie einen speziellen Zustand in einem logischen Quantenbit präpariert und diesen über eine verschränkte Gatteroperation auf ein weiteres Quantenbit teleportiert haben.

Ihre experimentellen Ergebnisse haben die Forscher auch mittels numerischer Simulationen auf klassischen Rechnern überprüft und bestätigt. Die Physiker verfügen damit nun über alle Bausteine für fehlertolerantes Rechnen auf einem Quantencomputer. Jetzt geht es darum, diese Methoden auf größeren und damit für die Praxis interessanten Quantenrechnern umzusetzen. Die in Innsbruck auf einem Ionenfallen-Quantencomputer gezeigten Verfahren können auch auf anderen Architekturen für Quantencomputer eingesetzt werden. Finanziell unterstützt wurden die Forschungen unter anderem von der Europäischen Union im Rahmen der Quanten-Flagship-Initiative sowie durch den durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Exzellenzcluster Materie und Licht für Quanteninformation (ML4Q).

Publikation: Demonstration of fault-tolerant universal quantum gate operations. Lukas Postler, Sascha Heußen, Ivan Pogorelov, Manuel Rispler, Thomas Feldker, Michael Meth, Christian D. Marciniak, Roman Stricker, Martin Ringbauer, Rainer Blatt, Philipp Schindler, Markus Müller, and Thomas Monz. Nature 2022 doi: 10.1038/s41586-022-04721-1

 

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