Richtungsweisende Forschung zur Nutzung von CO2

28.11.2019
Deutscher Zukunftspreis 2019 Urheberrecht: © Foto Phil Dera

Forschende der RWTH Aachen, der Max-Planck-Gesellschaft und der Covestro AG erreichten für ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Nutzung von Kohlendioxid (CO2) als Rohstoff das Finale des Deutschen Zukunftspreises 2019.

 

Ein großes interdisziplinäres Team um die drei Nominierten Professor Walter Leitner, Dr. Christoph Gürtler und Dr. Berit Stange hat ein Verfahren entwickelt, mit dem CO2 zur Produktion von Kunststoffen eingesetzt werden kann und so den Bedarf an Erdöl deutlich reduziert. Die drei besten Bewerber um den Preis präsentierten ihre Innovationen im öffentlichen Rampenlicht, das Team Celonis aus München machte den ersten Platz. Die prestigeträchtige Auszeichnung wurde am gestrigen Abend in Berlin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vergeben. „Die Würdigung als Finalist für den Deutschen Zukunftspreis ist eine große Ehre und eine tolle Motivation für unsere Forschung an der RWTH Aachen und am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion“, sagte Leitner am Mittwochabend. Er ist Inhaber des RWTH-Lehrstuhls für Technische Chemie und Petrolchemie und Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion. Christoph Gürtler verantwortet den Bereich Neue Verfahren und Produkte bei der Covestro AG und Berit Stange dort den Bereich Kreislaufwirtschaft Polyurethane. Auch RWTH-Rektor Ulrich Rüdiger war in Berlin dabei: „Wir sind sehr stolz auf Professor Leitner und sein Team. Ihr Projekt macht deutlich, dass es uns an der RWTH Aachen in besonderer Weise gelingt, die großen technischen Herausforderungen, denen sich die Gesellschaft stellen muss, nicht nur zu erforschen, sondern unsere erfolgreichen Forschungsansätze anschließend auch mit starken Partnern in die Praxis umzusetzen.“

Ob im Verkehr, in der Industrie oder in Kraftwerken, überall dort, wo fossile Stoffe verbrannt oder verarbeitet werden, werden große Mengen an Kohlendioxid (CO2) ausgestoßen. Im Gegenzug wird in der chemischen Industrie Kohlenstoff, ein Bestandteil des Treibhausgases CO2, als zentraler Baustein für zahlreiche Produkte wie zum Beispiel Kunststoffe benötigt. Gewonnen wird er meist aus Erdöl, Erdgas oder Kohle. Das Team aus Wissenschaft und Industrie hat mit seinem Projekt einen ersten Schritt gemacht, um diesen Kohlenstoffkreislauf zu schließen, indem stattdessen ein Teil des emittierten Kohlendioxids für die Industrieproduktion genutzt wird.

Die Nutzung von CO2 ist eine der „Traumreaktionen“, die am Aachener Catalytic Center CAT, einer gemeinsamen Einrichtung von RWTH und Covestro, erforscht werden. Bei dem neuen Verfahren wird ein Teil des Erdöl-basierten Rohstoffs für die chemische Produktion durch CO2 ersetzt. Bereits jetzt können in einer Pilotanlage der Covestro AG jährlich bis zu 5.000 Tonnen Polyol hergestellt werden. Diese Substanz wird zu Polyurethanen weiterverarbeitet, die beispielsweise als Schaumstoffe in Matratzen Verwendung finden. Weitere Anwendungsfelder von Polyurethanen sind zum Beispiel als Weichschäume in Autositzen oder als Hartschäume in Dämmmaterialien. Ermöglicht wurde die CO2-Nutzung durch einen Durchbruch in der Katalyseforschung. Da CO2 chemisch träge ist und nur sehr mühsam chemische Verbindungen mit anderen Substanzen eingeht, brauchte es einen maßgeschneiderten Katalysator, um die Reaktion so zu steuern, dass sie wirtschaftlich und effizient ist. Ein Katalysator bringt die Reaktionspartner dazu, Verbindungen einzugehen, indem er die Aktivierungsenergie für die Umwandlung senkt und diese in eine gewünschte Richtung steuert. Für den Einbau von CO2 in das Polyol haben die Experten von RWTH und Covestro einen geeigneten Katalysator gefunden.

„Das neue Verfahren verdeutlicht, wie die Chemie zu einer nachhaltigen Zukunft mit geschlossenen Kohlenstoffkreisläufen beitragen kann. Die Zusammenarbeit mit Covestro im Rahmen des CAT Catalytic Center an der RWTH Aachen ist dabei ein Paradebeispiel für Kooperationsmodelle zwischen akademischer Grundlagenforschung und industrieller Innovation. Gemeinsam mit Christoph Gürtler und Berit Stange stehen wir stellvertretend für viele Kollegen und Mitarbeiter, die zu diesem Erfolg mit Kreativität, Kompetenz und Engagement beigetragen haben,“ erläutert Walter Leitner.