Jaakko Malmivuo

 
Aufenthalt an der RWTH Aachen

Gastprofessor and Kármán-Fellow Programm ERS International, April - Juli 2014

Informationen über unseren Alumnus

Jaakko Malmivuo ist seit seiner Emiritierung weiterhin als Seniorprofessor für Bioelektromagnetismus an der Aalto University in Finnland tätig. Zusätzlich ist er Direktor des Ragnar Granit Instituts in Helsinki und involviert auch im Gremium für Technik und Naturwissenschaft in der Technical Academy Finland. Weltweites Ansehen erreichte er in den Jahren seit 1984 durch seine Vorlesungen sowie seine ehrenamtlicheTätigkeit im Bereich Elektrotechnik. Er brachte die Internationalisierung in seinem Fachbereich voran, indem er, unter anderem, bei seinen kurzen Aufenthalten an den technischen Universitäten in Tampere, Helsinki, Halifax, Tokyo und Barcelona, in Englischer Sprache lehrte. Er ist IEEE-Fellow (Engineering in Medicine and Biology Society EMBS) und Autor des Buchs „Bioelectromagnetism“. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit tritt er außerdem als Opernsänger in Finnland auf.

2014 hatte Professor Steffen Leonhardt vom Aachener Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik ihn eingeladen, damit er RWTH Studierenden Seminare und Übungen zu Bioelektromagnetismus auf Englisch anbieten konnte. Sein vier-monatiger Aufenthalt wurde im Rahmen eines Theodore von Kármán Fellowships durch die RWTH finanziert und gefördert. 

 

Interview mit Jaakko Malmivuo

Jaakko Malmivuo © privat/Malmivuo

Können Sie in wenigen Sätzen erklären, worum es bei Ihrem Haupt-Forschungsfeld geht und warum es von Bedeutung ist?

In meiner Forschung beschäftige ich mich mit Bioelektromagnetismus. Insbesondere untersuche ich bioelektrische und biomagnetische Phänomene im Gewebe von lebenden Organismen. Als Beispiele könnte ich anführen das elektrische Feld des Herzens, die Herzstromkurve, ECG, oder auch die elektrische Aktivität des Gehirns, EEG, sowie die entsprechenden magnetischen Felder MCG und MEG. Dies beinhaltet auch die Stimulierung der jeweiligen Gewebe mittels elektrischer und magnetischer Felder. Ein wichtiges Gebiet ist weiterhin die Verbildlichung von Körperregionen in Schichten durch elektrische Impulse, die Elektrische Impendanz-Tomografie. Dieses Verfahren spielt eine wichtige Rolle in der Forschung und Entwicklung am Lehrstuhl für medizinische Informationstechnik am Helmholtz-Institut für biomedizinische Technik der RWTH Aachen. Bioelektromagnetismus findet breite Anwendung in der medizinischen Diagnose und Therapie.

Weshalb entschieden Sie sich, an der RWTH Aachen einen Forschungsaufenthalt zu absolvieren und dort Vorlesungen anzubieten?

Ich kenne Professor emeritus Günter Rau schon seit 30 Jahren und Professor Steffen Leonhardt seit einigen Jahren, und wir haben sehr ähnliche Forschungsinteressen. Neben meinem Interesse an Bioelektromagnetismus sind mir außerdem Lehre und Bildung wichtige Anliegen. Zusammen mit Professor Robert Plonsey habe ich ein Buch über Bioelektromagnetismus geschrieben, und ich habe zu diesem Thema Vorlesungen an Universitäten auf der ganzen Welt gehalten. Professor Leonhardt wusste davon und wollte gerne die Lehre am Lehrstuhl für Biomedizinische Technik weiterentwickeln. Als wir auf einer Konferenz in Osaka im July 2013 aufeinandertrafen, kam die Sprache darauf, dass ich in Aachen Vorlesungen geben könnte. So kam ich im Sommersemester 2014 im Rahmen eines Theodor von Kármán Fellowships nach Aachen - eine große Ehre für mich.

Wie haben Sie die Interaktion mit den Studierenden und Forschenden bei Ihren  Vorträgen an der RWTH erlebt?

Ich war beeindruckt, wie interessiert und konzentriert die Studierenden während der Vorlesungen waren. Ich hatte die Vorlesungen auf Englisch gehalten und freute mich darüber, wie gut die Studierenden die Sprache beherrschen. Weiterhin hatte ich die Gelegenheit, interessante und anregende Diskussionen mit den Wissenschaftlern des Instituts zu führen. Ich hoffe, dass ich dadurch auch für ihre Forschung hilfreich sein konnte.

War das ihr erster Besuch in Deutschland? Gibt es etwas, wo Sie denken,  Deutsche Universitäten könnten von Finnischen lernen, und umgekehrt?

Ich war schon oft zu Besuch in Deutschland, hauptsächlich aufgrund meiner Forschungstätigkeit. 1988 war ich drei Monate Gastprofessor an der Technischen Universität Berlin (West) und habe Vorlesungen zu Bioelektromagnetismus und Biomedizinischer Technik gehalten. Ich habe gemerkt, dass die Sprachkenntnisse der deutschen Studierenden sich seitdem sehr verbessert haben.

Die Internationalisisierung ist besonders wichtig für uns Finnen, weil wir eine kleine Nation mit nur 5 Millionen Einwohnern sind und einer Sprache, die nirgendwo sonst auf der Welt gesprochen wird. 1991 traf ich beherzt die Entscheidung, unsere Vorlesungssprache am Institut an der Technischen Universität Tampere zu Englisch zu ändern, auch für die finnischen Studierenden. Ebenso wurden seitdem alle Masterarbeiten auf Englisch verfasst. Doktorarbeiten wurden schon vorher auf Englisch geschrieben. Wir waren die erste finnische Universität, die dies umgesetzt hat. Es war ein wichtiger Schritt zur Internationalisisierung der finnischen Studierenden und so konnten wir außerdem Studierende aus dem Ausland an unserer Einrichtung begrüßen.

Seit meinem Aufenthalt in Berlin in 1988 wurden in Bezug auf Internationalisierung große Fortschritte an deutschen Universitäten gemacht, aber die Mehrzahl der Vorlesungen findet weiterhin auf Deutsch statt und die meisten Dissertationen werden noch auf Deutsch geschrieben. Ich würde deutsche Universitäten dazu ermutigen, den Internationalisierungsprozess weiter voranzutreiben und ich freue mich, dass ich dazu beitragen konnte.

Obwohl Englisch-Muttersprachler nur ungefähr 5,4 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, ist Englisch ohne Zweifel die dominante Sprache in der Wissenschaft. Daher, obwohl der Anteil Deutsch-Muttersprachler bei 1,4 Prozent liegt, wird die Scientific Community in Deutschland viel stärker wahrgenommen werden, wenn sie auf Englisch kommuniziert. Der entsprechende Wert für Finnisch liegt bei 0,07 Prozent.

Wenn Sie auf Ihren Aufenthalt an der RWTH Aachen zurückblicken, welche Erfahrung war für Sie die lohnendste?  Welche greifbaren Ergebnisse Ihres Aufenthalts sind für Sie am wichtigsten?

Ich halte sehr gerne Vorlesungen. In Aachen hatte ich viele aufmerksame Studierende, die auch geistreiche Fragen stellten. Aber Vorträge zu halten, oder auch ein Lehrbuch zu schreiben, sind nicht nur dazu da, zu sagen, wie die Dinge sind. Es geht andererseits auch viel darum, mithilfe der Lehre die jeweiligen Theorien weiterzuentwickeln sowie neue Aspekte in das Fachgebiet mit einzubringen. In Aachen konnte ich diesem Prozess viel Zeit widmen und dadurch den Kurs über die Vorlesungszeit hinweg sehr gut ausbauen und verbessern. Da die Vorlesungen auf Video aufgezeichnet wurden, sind auch alle diese Beiträge gespeichert und können später wieder angeschaut werden. Während meines Aufenthalts konnte ich außerdem meine Deutsch-Kenntnisse verbessern, obwohl ich noch weit davon weg bin, die Sprache flüssig zu sprechen.

Interessant ist vielleicht noch, dass die Theorien und Erfindungen von Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz eine überaus wichtige Rolle in der Theorie des Bioelektromagnetismus spielen. Daher war es fast wie eine Art Wallfahrt für mich, das Helmholtz Institut zu besuchen.

Gibt es etwas, was Sie hinzufügen möchten?

Aachen ist eine tolle Stadt. Es ist großartig, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass Aachen zur Zeit Karls des Großen, also vor ungefähr zwölfhundert Jahren, das Zentrum der westlichen Welt darstellte. Das Erbe Karls des Großen ist immer noch präsent in den kulturellen Gebäuden Aachen's und es ist wundervoll, dass gerade in diesem Jahr sein Jubiläumsjahr ist.

An den Wochenenden genossen meine Frau und ich das reiche Kulturerbe Aachens und wir besuchten außerdem die schönen mittelalterlichen Städte der näheren Umgebung.

Als professioneller Opernsänger freute ich mich auch über die sehr anspruchsvolle Aachener Oper und über die Gelegenheit „Pferd & Sinfonie“ im Rahmen des CHIO zu erleben. Mir war vorher nicht so bewusst, dass Aachen tatsächlich eine Weltstadt im Bereich Pferdesport ist. Ich hoffe und glaube, dass meine Zusammenarbeit mit dem Helmholtz Institut fortdauert und dass ich die Gelegenheit haben werde, Aachen wieder zu besuchen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Professor Steffen Leonhardt nochmals für seine Einladung und Gastfreundschaft danken und wünsche ihm und seiner Forschungsgruppe, welche sich als Top-Gruppe auf diesem Gebiet erwiesen hat, allen nur erdenklichen Erfolg.