Markus Pauly

  Von links: Professor Antje Spiess, Verfahrenstechnik; Professor Björn Usadel, Botanik 1; und Professor Markus Pauly, UC Berkeley, im Gespräch über Pflanzen und ihre Verarbeitung zu Biokraftstoffen. © privat  
Aufenthalte an der RWTH Aachen 2014, im Juli für zwei Wochen: Gastprofessur als Kármán-Fellow im Programm ERS International an den RWTH-Instituten für Biologie (Botanik) und Verfahrenstechnik, sowie im Exzellenzcluster TMBF zum Thema „Biokraftstoffe“.
Informationen über unseren Alumnus

Professor Markus Pauly ist Universitätsprofessor für Pflanzen- und Mikrobiologie an der University of California, Berkeley, und in zahlreichen Forschungsprojekten zum Thema „Biomasse“ und „Biokraftstoffe“ involviert. Er ist darüber hinaus Programmmanager des von BP finanzierten Hochschulenergiezentrums „Energy Biociences Institute“ der UC Berkeley, USA.

1988 bis 1992 studierte er an der RWTH Aachen Biologie und promovierte anschließend auch dort bei seinem Doktorvater Hans-Joachim Reisener, Universitätsprofessor für Pflanzenphysiologie bis 1994. Dieser schickte ihn schon während seines Studiums und während seiner Promotion für Langzeitaufenthalte in die USA, wo er nun schließlich an der University of California, Berkeley seine wissenschaftliche Laufbahn fortsetzt. Während seiner Forschungstätigkeit als Unabhängiger Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam (Golm) von 2001 bis 2006 betreute er den damaligen Doktoranden Björn Usadel, der heute die Professur für Biologie 1 und Botanik an der RWTH Aachen innehält.

Im Juli 2014 wurde Pauly mit dem Theodore von Kármán-Fellowship der RWTH von Professor Usadel (Botanik) und Professor Antje Spiess, (Verfahrenstechnik, AVT), für einen zweiwöchigen Forschungsaufenthalt nach Aachen eingeladen. Die Initialzündung gab es dazu 2013 auf der ersten Internationalen Konferenz zu Kraftstoffen aus Biomasse im Exzellenzcluster „Tailor-Made Fuels from Biomass“, zu Deutsch „Maßgeschneiderte Kraftstoffe aus Biomasse“. Die Nachfrage nach einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch zu den Methoden und zur Verarbeitung von Biomasse zu Kraftstoffen für Motoren war groß. Es sollte mehr über die Methoden und die gemeinsamen Forschungsstränge in Berkeley und in Aachen gesprochen und die Austauschbeziehungen für den Forschungsnachwuchs über das bestehende ACalnet (das Aachen-Kalifornische Netzwerk für akademischen Austausch) intensiviert werden.

 

 

Interview mit Markus Pauly

Professor Markus Pauly © RWTH Aachen Alumni

Was ist Ihr Forschungsgebiet?

Ich bin Biologe und Kohlenhydratanalytiker und mein Forschungsgebiet ist die pflanzliche Zellwand. Sie ist der Hauptbestandteil der pflanzlichen Biomasse, also Materialien wie zum Beispiel Holz und Stroh. Die Zellwand ist sehr zuckerhaltig, ist aber kein Zuckerspeicherungsmedium wie Stärke, sondern sie ist das Material, das die Pflanze aufrechterhält. Am Beispiel der California Redwoods zeigt sich so, wie allein die Zellwand von Bäumen es möglich macht, dass sie 130 Meter hoch wachsen und Wasser auf diese Höhe von der Wurzel in die Krone transportieren können. Sie ist auch verantwortlich, dass ein Baum an einer Stelle über 2000 Jahre alt werden kann. Es handelt sich bei der Zellwand um Material, das von Wind und Wetter prinzipiell nicht abgebaut wird. Mich interessiert daran vor allem, wie eine Pflanze dieses Material herstellt, wie werden die Zuckermoleküle in die Zellwand eingebaut. Dies ist die Grundlagenforschung. Im Anwendungsbereich wird gerade der Verwandlung dieser Biomasse zu Kraftstoffen und Chemikalien nachgegangen, wie auch derzeit an der RWTH. Der Abbau dieses eigentlich von Natur aus nichtabbaubaren und recht stabilen Materials ist für Wissenschaftler wie Ingenieure derzeit die Herausforderung.

Welche Gründe führten zu Ihrem Forschungsaufenthalt an der RWTH?

Wir in Berkeley arbeiten wie auch Forscher hier an der RWTH Aachen am Entstehungs- und Herstellungsprozess von Biomasse. Mein ehemaliger Doktorand und heutiger Professor Usadel an der RWTH beschäftigt sich neben seiner Forschung in der Bioinformatik zu meiner Freude auch wieder mit Zellwänden. Er bewegt sich bei seiner Forschung aber auch zur anwendungsorientierten Verarbeitung. Im Exzellenzcluster TMBF (Tailor-Made Fuels from Biomass) geht es ihm und seinen Forscherkolleginnen und -Kollegen vor allem um die Verarbeitung von Biomasse zu Zuckern und Kraftstoffen, für vor allem den Verbrennungsmotor. Deshalb hat sich zudem auch angeboten, neben Professor Usadel auch mit den Verfahrenstechnikern der RWTH zusammenzuarbeiten, die mit Professor Antje Spiess an dem Abbau der pflanzlichen Biomasse zu Zuckern forschen. Ein gemeinsamer Forschungsaustausch hat sich daher als sehr gut erwiesen, weil wir uns in Analyse Methoden sehr gut ergänzen.

Was haben Sie während des Forschungsaufenthaltes genau gemacht?

Prinzipiell ging es hauptsächlich um einen Erfahrungsaustausch mit sämtlichen Abteilungen, nicht nur mit Frau Spiess und Herrn Usadel, sondern darüber hinaus auch mit dem TMFB und mit Forscherinnen und Forschern aus dem Bereich der Pflanzenforschung. Ich habe dafür Studenten und Postdocs getroffen, neben meiner Vorlesungen über „Biokraftstoffe“, die für alle offen war, auch die Labore und Maschinen vor Ort besichtigt. Dabei haben wir auf der Forschungsebene vor allem Methoden ausgetauscht, wie kann man denn bestimmte Methoden anwenden, was ist ihr Vorteil, was ist ihr Nachteil.

Wie würden Sie den Forschungsaufenthalt in Ergebnissen zusammenfassen?

Neben dem intensiven Erfahrungsaustausch konnten wir unsere Austauschmöglichkeiten zwischen der RWTH und unserem Forschungs- und Lehrbereich in Berkeley intensivieren. Über die Teilnahme im Aachen-California Network of Academic Exchange Service, kurz ACalnet, wird es zu einem Austausch von Studierenden und Promovenden der RWTH und des Energy Biosciences Institutes kommen. In meiner Gastvorlesung während des Aufenthaltes zum Thema „Biokraftstoffe“ konnte ich Interessenten daher konkrete Einblicke in unsere Arbeit in Berkeley geben. Gerade ist auch ein Postdoc von Professor Spiess in meinem Labor in Berkeley für fünf Monate vor Ort. Ich erwarte im Herbst auch zwei weitere Bachelorstudenten der RWTH Aachen.

Ein weiteres Ergebnis ist, dass wir zu dritt, das heißt Professor Usadel, Professor Spiess und ich, einen Antrag stellen werden, in dem es darum geht, Agrarreststoffe aus der hiesigen Gegend zu verwerten. Agrarreststoffe sind zum Beispiel herausgepresste Zuckerrübenüberbleibsel als Biomasse, die wir beschreiben und verarbeiten wollen. Oder auch Raps – wenn wir Rapssamen ernten, dann haben wir noch eine ganze Menge Pflanzenmaterial über. Die Überlegung ist also, wie man auch diese verwerten kann. Professor Usadel ergänzt diese Analysen auch mit seinem Wissen um die Ergonomik dieser Pflanzen und ihrer Populationen. Wir möchten herausfinden, welche Pflanzensorte sich in ihren natürlichen Populationen am besten für den Anbau als Biokraftstoffe eignen.

Wie ist es insbesondere für Sie, an die RWTH zu kommen, denn Sie haben ja hier selbst studiert und auch promoviert?

Ich habe hier 1988 bis 1992 studiert und auch promoviert, das ist richtig. Mein Doktorvater war Professor Reisener, der mir aber schon damals erlaubt hat, in die USA während meines laufenden Studiums zu gehen, weil dort die experimentellen Forschungsmethoden zu diesem Zeitpunkt besser waren. Von meiner Theorieausbildung her war ich als der RWTH angehörig dort sehr gerne gesehen. Die Diplom- wie auch die Doktorprüfung absolvierte ich beide jedoch an der RWTH. Mittlerweile hat die RWTH heute mit ihren Methoden und der Laborausstattung natürlich weit aufgeholt.

Nach den Jahren als Professor zurückzukehren, auch nur für einen Erfahrungsaustausch und Kurzaufenthalt, freut mich natürlich sehr. Auch um zu sehen, was sich seit den 90igern entwickelt hat. Das alte Biologiegebäude steht zum Beispiel immer noch, aber dieses hier, in dem wir uns gerade unterhalten, ist neu. Angesichts des Exzellenzclusters TMFB und mit den Entwicklungen auf dem Campus Melaten merkt man, dass hier einiges passiert. Sogar Straßenzüge verändern sich. Ich bin vorhin in eine Sackgasse geraten, wo früher aber eine Durchfahrt war. Dies zum Schmunzeln… Auch meine Professoren sind natürlich alle heute schon in Pension. Vieles ist jetzt mit der neuen Professorenschaft wie mit Herrn Usadel positiv im Aufbruch.

Ich muss aber auch dazu sagen, dass ein Großteil meiner Familie in der Gegend wohnt, ich also Anlass habe, Aachen und Deutschland immer wieder zu besuchen. Im Ganzen fühle mich mit der Einladung meiner Heimatuni heute besonders geehrt und freue mich, von ihr das Kármán-Fellowship als Preis und Förderung erhalten zu haben.

Ist die RWTH in Ihrem Forschungsbereich „Pflanzenbiologie und -technologie“ international sichtbar?

Die Wissenschaft, die hier in diesem Bereich betrieben wird, ist natürlich sehr spannend. Die hiesigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sehr gut im Präsentieren und auch im Weiterdenken. Sie haben eine weitere Sicht, sie gucken sich das „Big Picture“ an. Sie suchen immer nach Möglichkeiten, wie sie ihre Forschungsansätze noch weiter ausleben können und sie sind sehr begeistert und motiviert dabei. Es hat folglich richtig Spaß gemacht, mit ihnen zu sprechen und sich mit ihnen auszutauschen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass auch die Verbünde wie TMBF diese Weitsicht und Interdisziplinarität ermöglichen. Die RWTH kann sehr gut Verknüpfungen herstellen, insbesondere für meine Forschungsperspektive die Verbindung Grundlagenforschung und die Verfahrenstechnik also Naturwissenschaftler und Ingenieure. Das gibt es nirgendwo anders in Deutschland. Aus diesem Grund ist in meinem Spezialgebiet die RWTH die Nummer-Eins in Deutschland. Aber grundsätzlich ist es nicht die Universität, die ich für einen Forschungsaufenthalt aussuche, sondern das Kooperationslabor mit der Expertise, die ich für meine Arbeit brauche. Und diese Expertise hat sich hier in Aachen mit Herrn Usadel und Frau Spiess gefunden.

Können Sie für diesen Aufenthalt ein Highlight, ein Erlebnis oder einen Moment, nennen, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ein Highlight war auf jeden Fall, nein, ich korrigiere, DAS Highlight meiner Karriere war, dass man erfährt, wie ich durch diese Einladung noch intensiver erleben durfte, dass meine „Zöglinge“, wie Professor Usadel, erfolgreich sind. Top! Und ich hoffe, dass sich das noch vervielfacht. Und ich muss dazusagen, man merkt wirklich, dass die Kolleginnen und Kollegen hier von ihrer Forschung begeistert sind und über den Tellerrand hinausgucken. Das war für mich sehr überraschend und herausstechend, weil man das so nicht unbedingt bei anderen Forschungsaufenthalten an anderen Universitäten und Instituten erfährt.


Das Interview führte die Koordinatorin für Forscher-Alumni im Juli 2014.