Unbemannte Flüge über die Nordsee

24.09.2014
Multikopter knapp über dem Boden Urheberrecht: © DHL

Zwischen der Nordseeinsel Juist und dem Festland unterstützt die RWTH Aachen das DHL Paketkopter Forschungsprojekt. Ein unbemannter Multikopter wird hierbei zur Notfallversorgung von Inselbewohnern und Touristen eingesetzt und transportiert Medikamente übers Meer. Die ersten Versuchsflüge hat das gut fünf Kilogramm schwere Fluggerät bereits erfolgreich absolviert.

 

Für Professor Dieter Moormann und sein Team vom Institut und Lehrstuhl für Flugsystemdynamik der RWTH Aachen ist das Projekt eine Herausforderung. So mussten vor dem ersten Flug im September zahlreiche Behörden und das Verkehrsministerium von Niedersachsen überzeugt werden, dass ein Flug über die Nordsee sicher ist und auch technisch machbar. Denn immerhin muss eine Strecke von rund zwölf Kilometern überwunden werden – bei oft wechselnden Winden und sogar bei Nebel. „Die Verantwortlichen in den Behörden und vor allem das Land Niedersachsen haben das Projekt nach anfänglicher Skepsis mit großem Sachverstand begleitet und unterstützt“, sagt Professor Moormann.

Dazu hat sicher auch beigetragen, dass die RWTH über eine Menge Erfahrungen im Bereich unbemannter Flugsysteme verfügt. Etwa im Katastrophenschutz. Speziell entwickelte Flugsysteme sollen etwa nach der Havarie eines Kernkraftwerks die Strahlenintensität in der Umgebung messen oder Aufschluss geben über die Situation an einer Unfallstelle.

Das Insel-Projekt werfe jedoch ganz neue Fragen auf, betont Moormann. Das reicht von der Auswahl der Start- und Landepunkte auf dem Festland und der Insel Juist über den Flugkorridor bis hin zu Sicherheits- und Notfallsystemen und der Funkverbindung, über die der DHL Paketkopter gesteuert wird.

Gleichzeitig mussten sich die Aachener Wissenschaftler gemeinsam mit dem Projektteam um technische Details kümmern. Bei den Analysen im Vorfeld wurde unter anderem untersucht, wie man möglichst energiesparend fliegen kann oder wie der Kopter auf Turbulenzen reagiert und trotzdem sicher ans Ziel kommt.

Permanenter Kontakt zur Bodenstation

Basierend auf den Simulations-Auswertungen wurde die Software für das Fluggerät verändert und ein Datenlink aufgebaut, also eine Funkstrecke über eine ungewohnt große Entfernung. In der Regel werden Kopter auf Sicht geflogen. Das heißt, ein Pilot steuert das Gerät vom Boden aus bis zu etwa 400 Metern Entfernung. Aber bei dem Forschungsprojekt muss das zuvor programmierte Fluggerät zwölf Kilometer unbemannt und autark zurücklegen und schließlich auch noch landen. Da es keine Kamera in dem Kopter gibt, überträgt er permanent seine Flugdaten. Diese werden von einer Bodenstation – in diesem Fall einem speziell für unbemanntes Fliegen ausgestatteten Fahrzeug der RWTH – empfangen. Der verantwortliche Luftfahrzeugführer kann dann bei unvorhergesehenen Ereignissen eingreifen und entscheiden, ob beispielsweise der Kopter umkehren oder einen Notlandeplatz anfliegen muss.

In dem von DHL Paket betriebenen Echtbetrieb soll jetzt bewiesen werden, dass der unbemannte Paketkopter sicher und zuverlässig ist und sich zur Notfallversorgung eignet. Und zwar immer dann, wenn wegen Vereisung oder bei Niedrigwasser die Fähren nicht fahren können oder Rettungshubschrauber bei Nacht und wegen Nebels am Boden bleiben müssen.

Redaktion: Presse und Öffentlichkeitsarbeit